»Sie dürfen nicht bestellen, bevor Sie den Zuwendungsbescheid nicht erhalten haben.«

aus einem Behördenschreiben

Wie bewerten Sie das Zitat oben: Ist das zweite »nicht« richtig oder falsch? Das fragte mich ein Leser, dem dieser Satz Kopfweh bereitete. Schauen wir mal genauer hin.

Grundsätzlich drücken die Konjunktionen »bevor«, »ehe« und »bis« einen zeitlichen Zusammenhang zwischen einem Haupt- und einem Nebensatz aus: »Wir gehen los, ehe/bevor es dunkel wird.« So weit, so klar. Was aber, wenn der Hauptsatz eine Verneinung enthält (oben: nicht bestellen) und der Nebensatz zusätzlich eine Bedingung ausdrückt? Ist es dann wirklich richtig, im Nebensatz ein zweites »nicht« unterzubringen?

Inhaltlich ergäbe es nur dann Sinn, wenn der Nebensatz nicht mit »bevor« einleiten würde, sondern mit »solange«. Allerdings sind inhaltliche und sprachliche Korrektheit leider nicht immer deckungsgleich, und das gilt offenbar auch hier: Laut Duden-Band 9 (»Sprachliche Zweifelsfälle«) kann in solchen Konstruktionen auch der Nebensatz zusätzlich verneint werden. Notwendig sei das aber nicht, heißt es weiter. Immerhin.

Wieder einmal staune ich. Für mich sieht es so aus, als sei hier ein zu oft gemachter Fehler in den Sprachgebrauch übergegangen, sodass der Duden ihn inzwischen als reguläre Möglichkeit vermerkt. Mein Rat lautet aber ganz eindeutig, auf das zweite »nicht« zu verzichten, wenn Sie eine solche Formulierung wählen wollen. Ganz ohne Negation macht man sich und anderen das Leben aber leichter:

Bitte bestellen Sie erst, wenn Sie den Zuwendungsbescheid erhalten haben.

© Juliane Topka 2023
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