»Logik ist für die Grammatik das, was der Sinn für die Worte ist.«

Joseph Joubert (1754 bis 1824), französischer Moralist

Am 1. Mai gibt es traditionell viele Demonstrationen. Bezeichnet man diese mit einem Oberbegriff, sind es »1.-Mai-Demonstrationen« oder »Erster-Mai-Demonstrationen«. Obwohl »1. Mai« und auch »erster Mai« ohne Bindestrich stehen, wird in der Kombination mit zwei Bindestrichen durchgekoppelt, weil eine neue Gesamtbedeutung entsteht. Und das E am Anfang ist groß, weil der neue Gesamtbegriff ein Substantiv ist.

So weit, so klar. Was aber passiert, wenn ein solcher Gesamtbegriff sich grammatisch in einen Satz einfügen muss? In den Radio- und Fernsehnachrichten vorgestern hieß es oft »die Erste-Mai-Demos« oder auch »bei den Ersten-Mai-Demos«, und das ist falsch. »1. Mai« (gesprochen: erster Mai) bezeichnet nur die Art der Demonstration, definiert also sozusagen das Innenverhältnis des Gesamtbegriffs, und das bleibt unverändert. Was sich nach außen grammatisch anpasst, ist immer nur der Teil, der die Kategorie bestimmt, hier also die Demonstration(en).

Deutlicher wird es an einem Beispiel, bei dem sich der bestimmende Begriff je nach Fall auch sichtbar verändert: Das »Erneuerbare-Energien-Gesetz« bezeichnet als Gesamtbegriff ein Gesetz, das durch die ersten beiden Teile näher bezeichnet wird. Diese beiden Teile bleiben auch dann unverändert, wenn das Gesetz zum Beispiel im Genitiv steht. Nur der bestimmende Begriff passt sich an:

Die Inhalte des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
(nicht: des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes)

© Juliane Topka 2024
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