Heute habe ich mal wieder ein Beispiel aus der Abteilung: »Wie viele Substantive passen in einen Satz von handelsüblicher Länge?«
Inhaltlich geht es um Folgendes: Eine Firma führt eine neue Software ein, die die Lieferantenrechnungen elektronisch erfasst. Nun teilt sie ihren Lieferanten mit, wie deren Rechnungen aussehen müssen, damit die Software sie lesen kann. Am Ende heißt es (Hervorhebungen von mir):
Wir weisen darauf hin, dass mögliche Nichtbeachtung der obigen Informationen zu einer Verzögerung in der Bearbeitung ihrer Rechnung führen kann.
Fünf Hauptwörter auf engstem Raum, und davon haben auch noch vier die gleiche Endung. Das wirkt holzig und holprig.
Und noch etwas kommt erschwerend hinzu: Der Schreiber möchte ja erreichen, dass die Empfänger, also die Lieferanten, seine neuen Rechnungsrichtlinien beachten – aber die Lieferanten kommen hier gar nicht vor. Durch ein behördenartiges »Wir weisen darauf hin« (noch nicht einmal »Wir weisen Sie darauf hin«!) werden die sich auch kaum angesprochen, sondern höchstens herumkommandiert fühlen. Ob das so etwas wird mit dem Lerneffekt, wage ich zu bezweifeln.
Ein weiterer Aspekt aus der empfängerorientierten Kommunikation: Nicht drohen (»Wenn du X nicht tust, passiert Y!«), sondern mit den positiven Anreizen arbeiten!
Mal zum Vergleich – so hätte man es auch schreiben können:
Bitte beachten Sie: Das schnelle elektronische System kann nur Rechnungen verarbeiten, die diese Kriterien erfüllen. Je genauer Sie diese beachten, desto schneller bekommen Sie Ihr Geld.
Darunter noch ein ehrlicher Dank für die Kooperation, und alles wäre in Butter.
Wäre.
Nach den Rezepten Ludwig Reiners in „Stilfibel“, steht im Hinblick auf Wörterzahl der Satz in Frage am Grenze: „20 Wörter je Satz“. Der Satz entählt genau 20 Wörter.
Aber im Hinblick auf abstrakten Wörtern, den Substantiven, misslang er: „5 abstrakte Hauptwörter je 100 Wörter.“ Der Satz enthält genau 5 Substantive, aber je 20 Wörter!
In gewisser Masse finde ich Reiners zwar noch gerecht, aber nun da ich kein Mensch von Rezepten, wesgegen ich gegen Ende des Buches, „Stilfibel“, aus der Haut gefahren bin, soll ich auch dagegen etwas sagen: Auch Substantivierung ist eine Mass davon, ob man eine Sprache wirklich genügend beherscht. Ist deine Version verständlicher? Allerdings! Ob lieber? Je nachdem!
Hihi, diese Mail habe ich auch bekommen und mich aus ganz anderen Gründen darüber aufgeregt. 🙂 Vielleicht bald mehr im Blog …